Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung

Lehrpreisträger 2019

Auf der Senatssitzung der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung am 13. März 2019 wurde zum ersten Mal der hochschulweite Lehrpreis verliehen. Dem voraus ging die Nominierung innovativer Lehr- und Lernkonzepten durch die Studierenden und eine anschließende Auswertung aller eingegangenen Nominierungen durch das Lehrpreisgremium, in dem jeder Fachbereich der Hochschule durch einen Hochschullehrenden vertreten wurde.

Alle eingegangenen Nominierungen zeichnen sich durch das hohe Engagement der Hochschullehrenden bei der optimalen Vorbereitung der Studierenden auf die künftigen beruflichen Tätigkeiten aus. Vor allem die methodische Vielfalt und die intensive Betreuung, Beratung und Begleitung der Studierenden in ihrem Studium, die die Studierenden in ihren Nominierungen immer wieder herausgestellt haben, hat das Lehrpreisgremium besonders beeindruckt und unterstreicht damit auch die insgesamt hohe Lehrqualität der Hochschule. Die zwei herausragendsten und innovativsten Lehrkonzepte wurden von Herrn Präsident Bönders auf der Senatssitzung mit einem Lehrpreis ausgezeichnet.

Am Zentralen Lehrbereich der HS Bund wurde Herr Prof. Dr. Karim Maciejewski für sein Seminar Staatsrecht und Politik in Verbindung mit einem freiwilligen Klausurenkurs ausgezeichnet.



Am Fachbereich Kriminalpolizei der HS Bund wurde das Lehrteam bestehend aus Herrn Jörg Mohr und Frau Nina Papendieck für das Lehrkonzept Polizeiliche Informationsgewinnung, Informationsverdichtung und Ermittlungsmaßnahmen mit Modulfallkolloquium in Kombination mit Vernehmungs-/ Observationsübung und Simulation eines Ermittlungsverfahrens ausgezeichnet.

Beide Lehrpreise wurden jeweils mit 2.000,- EUR prämiert.

Im Folgenden haben wir Ihnen einen Kurzüberblick über die Konzepte der beiden Lehrpreisträger zusammengestellt:

Prof. Dr. Karim Maciejewski - Zentraler Lehrbereich

Studentische Autonomie und Lernprozesse multi-methodisch fördern

Hochschuldidaktik: Auch von der Hochschuldidaktik der HS Bund herzliche Glückwünsche zur Verleihung des Lehrpreises.

Antwort: Ich freue mich sehr über diesen Preis, muss aber zugleich meinen eigenen Beitrag am Erfolg des nunmehr preisgekrönten Klausurenkurses deutlich relativieren. Um diesen haben sich in erster Linie die studentischen Tutoren große Verdienste erworben, die diesen Kurs als selbstständige Organisatoren von Lehrveranstaltungen tragen und methodisch als Flipped Classroom umgesetzt haben. Und natürlich die Studenten, die durch ihre regelmäßige und intensive Mitarbeit den Klausurenkurs zu einem erfolgreichen Angebot gemacht haben. Schließlich ist die Verleihung des Lehrpreises als neue Einrichtung an der HS Bund ein Erfolg der Initiatoren dieser Sichtbarmachung von Lehre.

Hochschuldidaktik: Worin besteht Ihr Beitrag?

Antwort: Der Beitrag, den ich zu diesem Experiment beigesteuert habe, ist das Schaffen von Lernräumen und Lernumgebungen, die man vielleicht mit dem Marktplatz einer Stadt vergleichen kann. Ob auf diesem Marktplatz inspirierende und inspirierte Veranstaltungen stattfinden, hängt letztlich von den Besuchern und Nutzern des Marktplatzes ab. Ich habe nur den Marktplatz errichtet und abgewartet, was dort passiert. Diese Lernumgebung – oder Marktplatz um im Bild zu bleiben – ist aus methodischer Sicht ein Selbststudium-Konzept das einen freiwilligen Klausurenkurs mit einer verpflichtenden Präsenzveranstaltung verbindet. Beide Veranstaltungen werden durch E-Learning-Komponenten und insbesondere durch neue Selbststudiums-Phasen miteinander verbunden. Bei der Umsetzung des Klausurenkurses war mir der Flipped Classroom Ansatz wichtig, damit die Studierenden in den Präsenzveranstaltungen sich völlig auf Lösungen, Details und Vertiefungen konzentrieren können. Das Lehrpreisgremium war so freundlich zu akzeptieren, dass es für erfolgreiche Hochschullehre gerade auf das Errichten solcher offener und autonomer Lernumgebungen ankommt. Die Schwierigkeit für mich als Hochschullehrer besteht sicherlich darin, in den richtigen Situationen (im Klausurenkurs, Selbststudienphasen und Präsenzveranstaltung) einzugreifen und sich ansonsten so weit wie möglich zurückzuhalten – also einen Rollenwechsel vom frontal Lehrenden hin zum Lernbegleiter vorzunehmen und durchzuhalten.

Hochschuldidaktik: Könnten Sie bitte kurz das Konzept dieses speziellen Klausurenkurses erläutern?

Antwort: Das Wesen der Verzahnung von Klausurenkurs und Fachseminar ist mit der Formulierung „von Studenten für Studenten“ im Grunde erschöpfend beschrieben. Studierende aus höheren Semestern bereiten als Tutoren Fälle bzw. Übungen vor, die sie eine Woche später einem Kreis freiwilliger Teilnehmer besprechen. Besonderes Merkmal ist sicherlich auch, dass die Teilnehmer nicht mehr – wie am Zentralen Lehrbereich bisher üblich – aus einem Fachbereich kommen. Vielmehr können Studenten aus allen Fachbereichen am Klausurenkurs teilnehmen. Die Tutoren profitieren von der Veranstaltung, da sie die Aufgaben so aufbereiten müssen, dass sie imstande sind, die Lösung der sich aus diesen Aufgaben ergebenden rechtlichen Probleme vor anderen zu moderieren. Die Teilnehmer andererseits profitieren, indem sie sich zunächst selbst an einem Fall versuchen und dann die Ergebnisse ihrer möglichst intensiven Vorbefassung vergleichen und diskutieren. Mir ging es darum, diesen Vorgang einerseits fachlich zu begleiten und andererseits die Tutoren – als auch die Teilnehmer des Kurses – zur selbstständigen Gestaltung der Veranstaltung zu ermutigen. Das setzt eine gewisse Fehlertoleranz in fachlicher wie in methodisch-didaktischer Sicht voraus, brachte aber eine hohe Innovationskraft auf Seiten des studentischen Arbeitens, Lernens und Lehrens mit sich. Um bei dem Marktplatz-Beispiel zu bleiben: es war nicht einmal vorgegeben, ob auf dem Marktplatz gegessen, getrunken oder getanzt wird. Oder ob eben nichts dergleichen passiert. Auch ist es für die Tutoren eine wertvolle Erfahrung, dass der Erfolg ihrer Lehrveranstaltung trotz intensivster Vorbereitungen zu einem gewissen Grad immer unsicher bleibt. Aus didaktischer Perspektive ist mir die Umsetzung einer derartigen autonomen, semester- und fachbereichsübergreifenden learning community in Studium und Lehre ein besonderes Anliegen zur Entwicklung hochschulischen Lernens.

Hochschuldidaktik: Was bedeutet aus Ihrer Sicht die Verleihung eines solchen Lehrpreises für eine Hochschule?

Antwort: Beide im Jahre 2019 verliehenen Lehrpreise haben vor allem eines gemeinsam: sie zeichnen innovative Lehrkonzepte aus und machen diese hochschulweit sichtbar. Von dem großartigen interdisziplinären Ansatz der Kollegen beim BKA hätte man ohne diese Preisverleihung im Zentralen Lehrbereich nie etwas erfahren. Die Fähigkeit zur Innovation sollte eine der großen Stärken unserer Hochschule sein. Wir haben dafür eigentlich herausragende Voraussetzungen, da unsere Hochschullehrer ihre beruflichen, didaktischen und fachlichen Erfahrungen in unterschiedlichen Kontexten erworben haben, mit denen sie die Hochschule verändern und bereichern können.

Lehrteam: Jörg Mohr und Nina Papendieck - Fachbereich Kriminalpolizei

DAS KONZEPT -
Vom interdisziplinären Modul zur integrierten Unterrichtseinheit

Das Konzept greift die in der Ausgestaltung des Bachelorstudiengangs Kriminalvollzugsdienst im Bundeskriminalamt bereits angelegte interdisziplinäre Ausrichtung der Studienmodule auf und setzt diese in der konkreten Ausgestaltung von Unterrichtseinheiten konsequent um, indem das fachorientierte Nebeneinander – orientiert an den Kompetenzanforderungen des Berufslebens – durch ein interdisziplinäres Ineinander der einzelnen fachlichen Disziplinen abgelöst wird.

Kompetenzorientierung durch Handlungsorientierung

Das curriculare Ziel, die Studierenden zu befähigen, polizeiliche Aufgabenwahrnehmung recht- und zweckmäßig zu gestalten, wird durch eine Ausrichtung des Lehr-Lern-Settings auf das polizeiliche Handeln erreicht. Die akademische Befassung mit dem Lehrstoff wird konsequent auf die Anwendung orientiert. So steckt das (Eingriffs-) Recht die Grenzen ab, offenbart insbesondere aber die vielfältigen Möglichkeiten, in deren Rahmen sich polizeitaktisches Handeln entfalten kann.

Folgende Aspekte sind dabei von besonderer Relevanz:

  • Die Maßnahme als Fixpunkt
    Fixpunkt der integrierten Unterrichtseinheiten sind bestimmte polizeiliche Maßnahmen. Die Ausrichtung auf bestimmte Maßnahmen integriert gewissermaßen von selbst die eingriffsrechtlichen Fächer und die Kriminalistik und Einsatzlehre. Die jeweiligen Disziplinen bekommen einen augenfälligen gemeinsamen Bezugspunkt.
  • Von der Retro- in die Prospektive
    Wesentliches konzeptionelles Element der Handlungsorientierung ist die Verlagerung der Lehr-Lern-Perspektive in die polizeitypische Arbeitssituation. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass Recht- und Zweckmäßigkeit vor der Ausführung der Maßnahme, also in die Zukunft hinein beurteilt werden müssen. Vor allem die Anwendung des Rechts verlässt die rückschauende nachträgliche Kontrollperspektive.
  • Von der Rezeption zur Kreation - Berufliche Praxis in theoretischer Reflexion
    Maßnahmenorientierte Anwendung in der Prospektive verlangt vom Lernenden eine über bloße Rezeption hinausgehende kreative Leistung, bei der die relevanten Aspekte aus verschiedenen Wissensgebieten integriert werden müssen. Den Lernenden eröffnet sich gleichfalls die Notwendigkeit, über Recht- und Zweckmäßigkeit polizeilichen Handelns verantwortlich entscheiden zu müssen, aber auch die Möglichkeit, insoweit entscheiden zu können. Darüber hinaus muss das Entscheidungshandeln der Lernenden dem konkreten (Einzel-) Fall gerecht werden. Eine etwaige Hoffnung auf eine „Blaupause“ polizeilichen Handelns, die der Lebenswirklichkeit standhalten könnte, wird hier bewusst enttäuscht.
DIE UMSETZUNG

Übergreifendes Szenario-basiertes Lernen

In einem komplexen Fallszenario, welches sich in aufeinander aufbauende Geschehensabschnitte unterteilt, werden Ansatzpunkte für die anwendungsbezogene Verortung der Lehrinhalte des Moduls bzw. der Lehrveranstaltungen und Unterrichtseinheiten gegeben. Das Szenario orientiert sich an Standardsituationen in der Polizeiarbeit, die aus der Perspektive sämtlicher Disziplinen behandelt werden können. Die Darstellung erfolgt in einer Weise, die eine eigene Bewertung des polizeilichen Vorgehens erfordert, wobei insbesondere auch Vorstellungskraft und Ideenreichtum der Lernenden stark gefordert sind. Im möglichen Umfang lässt sie das weitere Vorgehen offen.

Neues, Integratives Kolloquium

Zu den im Fallszenario anliegenden Aufgabenstellungen werden von den Studierenden zunächst eigenständig Lösungsentwürfe gefertigt. Die prospektive Ausrichtung der Bearbeitung erfordert sowohl ein selektives Heranziehen von Wissen aus verschiedenen Wissensgebieten und dessen Integration im Hinblick auf die in Rede stehende polizeiliche Maßnahme, als auch das Treffen diverser Entscheidungen in Bezug auf das polizeitaktische Vorgehen. Die Entwürfe der Studierenden werden in Kolloquien einer kritischen Erörterung unterzogen, deren Ziel nicht vorrangig die – richtige – Lösung der Aufgabe ist, sondern die Herangehensweise. Ein Schwerpunkt der Kolloquien liegt in der gemeinsamen Erarbeitung eingriffsrechtlicher Rechtsanwendung unter Beachtung der grund- und einfachgesetzlichen Vorgaben "aus einer Hand". Die fachspezifischen Ansätze werden dabei integriert und ein Gesamtbild erzeugt.

Praxisorientierung durch integrierte Praxisübungen

Die tatsächliche Durchführung polizeilicher Maßnahmen wird in kleineren und größeren Übungen anhand von Szenarien trainiert. Dies bietet in besonderem Maße die Möglichkeit, bereits vorhandenes Wissen daraufhin zu überprüfen, ob es im Rahmen von konkretem Handeln auch verfügbar ist. Umgekehrt wird im Erleben nicht selten die Relevanz bestimmter Wissenshintergründe deutlich. Durch einen konsequenten wechselseitigen Bezug von Eingriffsrecht, Kriminalistik und Einsatzlehre werden die rechtlichen Vorgaben für eine bestimmte Maßnahme erlebbar und die praktischen und taktischen Potenziale des rechtlichen Rahmens "be-"greifbar.

Teamteaching - intensive Lernbegleitung und Förderung von Interdisziplinarität

Ausgewählte Unterrichtseinheiten, Kolloquien und praktische Übungen werden von mehreren Lehrenden interdisziplinär durchgeführt. Zusammenhänge und das wechselseitige Angewiesen-Sein zwischen den Rechtsfächern und der Kriminalistik können so unmittelbar kenntlich und erlebbar gemacht werden.

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